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Ein virtueller Coach fürs smarte Altern

Der intel­li­gen­te Assis­tent soll Senio­rin­nen und Senio­ren unter­stüt­zen, in der eige­nen Wohn­um­ge­bung aktiv zu blei­ben. Koope­ra­ti­on in euro­pä­isch-japa­ni­schem Leucht­turm Pro­jekt e‑VITA.

Die Uni­ver­si­tät Sie­gen ent­wi­ckelt zusam­men mit 11 euro­päi­schen und 11 japa­ni­schen Part­nern einen vir­tu­el­len Assis­ten­ten für das smar­te Altern in den eige­nen vier Wän­den. Im e‑VI­TA-Pro­jekt ent­steht ein intel­li­gen­ter Assis­tent, den älte­re Men­schen ganz indi­vi­du­ell zu Hau­se nut­zen kön­nen – maß­ge­schnei­dert auf die eige­ne Wohn­um­ge­bung und auf per­sön­li­che Wün­sche und Vor­stel­lun­gen. „Unser Ziel ist es, älte­re Men­schen zu ermäch­ti­gen, selbst­stän­dig und aktiv zu blei­ben, ihre täg­li­chen Akti­vi­tä­ten zu mana­gen und ihr Wohl­be­fin­den zu ver­bes­sern“, erklärt Pro­fes­sor Dr. Marc Has­sen­zahl, Dekan der Fakul­tät III der Uni­ver­si­tät Sie­gen. Die Schwer­punk­te bei der Ent­wick­lung des vir­tu­el­len Coa­ches lie­gen in den Berei­chen Mobi­li­tät, sozia­le Inter­ak­ti­on, Frei­zeit, Kogni­ti­on, kör­per­li­che Akti­vi­tät, Stim­mung und Spiritualität.

Auf­ga­be der Sie­ge­ner For­sche­rIn­nen wird es sein, nut­zer­ge­rech­te Sprach­in­ter­ak­ti­on und die Gestalt des Assis­ten­ten in soge­nann­ten Pra­xis­la­bo­ren zusam­men mit den Nut­zen­den zu gestal­ten – also einen ver­trau­ens­wür­di­gen Assis­ten­ten zu erschaf­fen, der spe­zi­ell auf die älte­re Ziel­grup­pe aus­ge­rich­tet ist. Dazu möch­te die Uni unter ande­rem mit den Kom­mu­nen und Sozi­al­ver­bän­den in Sie­gen-Witt­gen­stein koope­rie­ren, damit das Sys­tem auch mit deren Sozia­len Diens­ten und Akti­vi­tä­ten ver­knüpft wer­den kann. Der Coach wird über natür­li­che Sprach­in­ter­ak­ti­on gesteu­ert. Dies hat zwei Zie­le: Zum einen kön­nen sich Mensch und Coach dadurch unter­hal­ten und bes­ser ver­ste­hen. Zum ande­ren soll der Coach Ver­trau­en schaf­fen und gleich­zei­tig durch die Gesprä­che daten­schutz­kon­form Infor­ma­tio­nen geben. Dazu kom­men Fra­ge-Ant­wort-Funk­tio­nen aus Wis­sens­gra­phen wie Wiki­pe­dia und Daten­sets aus ver­schie­de­nen Sen­so­ren zum Ein­satz. So wer­tet das Sys­tem zum Bei­spiel die Daten von smar­ten Haus­halts­ge­rä­ten aus und kann bei Bedarf auch gesund­heits­re­le­van­te Gerä­te wie Blut­druck­mess­ge­rä­te oder Fit­ness­arm­bän­der ankop­peln. Basie­rend auf all die­sen Infor­ma­tio­nen soll der Coach per­so­na­li­sier­te Emp­feh­lun­gen für die älte­ren Men­schen in den ver­schie­de­nen Spra­chen der betei­lig­ten Län­der geben. Zum Bei­spiel könn­te der Coach dar­an erin­nern, sich regel­mä­ßig zu bewe­gen oder spa­zie­ren zu gehen, aus der Bibel vor­le­sen oder kul­tu­rel­le Ver­an­stal­tung emp­feh­len – ganz nach Bedarf. Er könn­te auch dabei unter­stüt­zen, ein­fa­cher mit Fami­lie oder Freun­den zu chat­ten, sich gesün­der zu ernäh­ren oder sich mit den Kom­mu­nen und in den Quar­tie­ren zu vernetzen.

Wel­che Funk­tio­nen und Auf­ga­ben der Coach kon­kret über­neh­men soll und wel­che Gestalt er anneh­men soll, wird im Lau­fe des Pro­jekts gemein­sam mit den älte­ren Men­schen fest­ge­legt. „Ent­schei­dend für das Pro­jekt ist, dass die Nut­ze­rIn­nen die Tech­no­lo­gien akzep­tie­ren. Das kön­nen wir nur errei­chen, wenn wir die Nut­ze­rIn­nen selbst zum Mit­tel­punkt des Designs und der Ent­wick­lung machen“, sagt Eli­sa Irlan­dese, Pro­jekt-Beauf­trag­te der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on. Dem stimmt auch Dr. Rai­ner Wie­ching zu. Er ist der Gesamt-Pro­jekt­lei­ter von e‑VITA und Exper­te im Bereich Akti­ves Altern, Gesun­des Leben und Sozia­le Robotik.

Soll sich der vir­tu­el­le Coach dezent im Hin­ter­grund hal­ten oder immer prä­sent sein? Wel­che Funk­tio­nen sind sinn­voll, wel­che stö­rend oder sogar hin­der­lich? Und wie sieht es mit dem Daten­schutz aus – schließ­lich möch­te nicht jeder all sei­ne Daten preis­ge­ben. „Wir kon­zi­pie­ren fürs ech­te Leben und für ech­te Men­schen, nicht für das Labor“, betont Dr. Mat­thi­as Lasch­ke. „Die Tech­no­lo­gien, die wir im Pro­jekt ent­wi­ckeln, sol­len nicht nur prak­tisch und prag­ma­tisch sein, son­dern auch die indi­vi­du­el­len Bedürf­nis­se erfül­len – zum Bei­spiel Sicher­heit und Auto­no­mie – und Spaß machen“, erklärt er.

Die Wis­sen­schaft­le­rIn­nen stel­len den älte­ren Nut­ze­rIn­nen spä­ter ein Unter­stüt­zungs­sys­tem bereit, um das vir­tu­el­le Coa­ching-Sys­tem zu erler­nen und zu nut­zen und eigen­stän­dig ihre Daten zu ver­wal­ten. Erprobt und aus­ge­wer­tet wer­den soll der Coach in Frank­reich, Deutsch­land, Ita­li­en und Japan. Das Ange­bot soll mit­tel­fris­tig in ganz Euro­pa und Japan genutzt wer­den kön­nen, was durch eine inter­na­tio­na­le Anwen­dungs­stu­die unter­legt wird und gege­be­nen­falls wei­te­re Finan­zie­rungs­run­den und Stu­di­en ermög­licht. „Süd­west­fa­len ist eine länd­lich gepräg­te Regi­on mit sin­ken­der Zahl an Haus­ärz­ten und stei­gen­der Zahl an älte­ren Men­schen. Die­se demo­gra­fi­sche und struk­tu­rel­le Ent­wick­lung trifft auf vie­le länd­li­che Regio­nen in der EU und auch in Japan zu“, erklärt Prof. Dr. Vol­ker Wulf die Koope­ra­ti­on und den Nut­zen des Coa­ches. Wulf ist Pro­rek­tor für Digi­ta­les und Regio­na­les und Pro­fes­sor für Wirt­schafts­in­for­ma­tik und Neue Medi­en an der Uni­ver­si­tät Siegen.

Pro­jekt­part­ner in Deutsch­land sind unter ande­rem das Fraun­ho­fer Insti­tut IAIS, der Diö­ze­san Cari­tas­ver­band des Erz­bis­tums Köln, sowie wei­te­re Part­ner aus Euro­pa, unter ande­rem der öffent­li­che Kran­ken­haus­ver­bund von Paris, das Natio­na­le Ita­lie­ni­sche Insti­tut für Alters­for­schung und die AGE Platt­form Euro­pa, die sich euro­pa­weit für die Belan­ge der Altern­den Gesell­schaft ein­setzt. Pro­jekt­part­ner in Japan sind unter ande­rem die TOHOKU Uni­ver­si­tät und das Natio­na­le Insti­tut für Geron­to­lo­gie und Ger­ia­trie (NCGG) sowie das Natio­na­le Insti­tut für fort­ge­schrit­te­ne indus­tri­el­le Wis­sen­schaft und Tech­no­lo­gie (AIST). Die Uni Sie­gen fun­giert als EU-Koor­di­na­tor des Pro­jekts. Eine ers­te online Kon­fe­renz mit allen Part­nern sowie Ver­tre­tern der EU-Kom­mis­si­on und dem Japa­ni­schen Wis­sen­schafts­mi­nis­te­ri­um fand zum Start der For­schung im Janu­ar statt. Finan­ziert wird das auf drei Jah­re ange­setz­te Pro­jekt durch das EU-Rah­men­pro­gramm für For­schung und Inno­va­ti­on Hori­zont 2020 und durch öffent­li­che Finan­zie­rung aus Japan mit ins­ge­samt vier Mil­lio­nen Euro in der EU plus vier Mil­lio­nen Euro in Japan. Die Uni­ver­si­tät Sie­gen erhält davon etwa 750.000 Euro.

Quel­le: https://www.uni-siegen.de/start/news/oeffentlichkeit/929658.html

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