Farbiges Gesicht aus geometrischen Formen im Profil. Beitragsbild zum Artikel Japan’s Society 5.0: Going Beyond Industry 4.0 by Dr. Lorenz Granrath on Aug. 29, 2017 in Industrial R&D in Japan.

Japans Gesellschaft 5.0: Jenseits von Industrie 4.0

von Dr. Lorenz Gran­rath, erschie­nen am 29. August 2017 in Indus­tri­al R&D in Japan

Deutsch­lands Indus­trie 4.0 ist ein bekann­tes Schlag­wort. Japan hat jetzt Gesell­schaft 5.0 ein­ge­führt. Ist das nur ein Spiel um die Vor­rei­ter­schaft, oder steckt mehr dahinter?

Industrie 4.0

Wie der Name schon sagt, beschäf­tigt sich Indus­trie 4.0 haupt­säch­lich mit indus­tri­el­ler Pro­duk­ti­on. Die Haupt­idee ist der infor­ma­tio­nel­le Aus­tausch zwi­schen Unter­neh­men bis hin­un­ter zu den Maschi­nen und Prozessen.

Heut­zu­ta­ge sind nicht nur Maschi­nen, son­dern prak­tisch alle Gegen­stän­de mit Sen­so­ren aus­ge­stat­tet, die Infor­ma­tio­nen über ihren Sta­tus oder Stand­ort lie­fern. Dies bedeu­tet, dass viel mehr Infor­ma­tio­nen zur Ver­fü­gung ste­hen als zuvor. Die Schnitt­stel­len sind noch nicht klar defi­niert, die Infor­ma­ti­ons­men­ge steigt, Men­schen sind nicht in der Lage die­se zu verarbeiten.

Hier kommt Künst­li­che Intel­li­genz (KI) ins Spiel. Sie ist mitt­ler­wei­le nicht nur klug genug gewor­den, um Spie­le gegen Men­schen zu gewin­nen, son­dern auch um aus gro­ßen Daten­men­gen Deu­tun­gen abzu­lei­ten. Eben­so schnell wie die Rechen­leis­tung, wel­che sich alle zwei Jah­re ver­dop­pelt, steigt auch die Leis­tung der KI.

Das eröff­net neue Mög­lich­kei­ten und birgt neue Gefahren.

Der Ursprung von Indus­trie 4.0 liegt in der Hoch­technolo­gie-Stra­te­gie der deut­schen Bun­des­re­gie­rung. Die
zuletzt im Jahr 2014 ver­öf­fent­lich­te defi­niert sechs Schwerpunktbereiche:

  • Die digi­ta­le Wirt­schaft und Gesellschaft
  • Die nach­hal­ti­ge Wirt­schaft und Energie
  • Der inno­va­ti­ve Arbeitsplatz
  • Gesun­des Leben
  • Intel­li­gen­te Mobilität
  • Zivi­le Sicherheit

Das ers­te Feld, digi­ta­le Wirt­schaft und Gesell­schaft, mach­te die Digi­ta­li­sie­rung der deut­schen Indus­trie zu einem
sehr wich­ti­gen und pro­mi­nen­ten The­ma und begrün­de­te letzt­end­lich den Term Indus­trie 4.0.

Gesellschaft 5.0

Gro­ße Daten­men­gen kom­men heu­te von Sen­so­ren in Objek­ten, zu denen zum Bei­spiel Indus­trie­ma­schi­nen, Haus­halts­ge­rä­te, Autos und Mobil­te­le­fo­ne gehö­ren. Smart­pho­nes ver­fol­gen Ihren Stand­ort, sozia­le Netz­wer­ke Ihre Inter­es­sen und Kre­dit­kar­ten­un­ter­neh­men Ihre kom­mer­zi­el­len Akti­vi­tä­ten. All die­se Daten sind zu kom­plex, um für den Men­schen sinn­voll zu sein, aber KI kann eini­ge Schluss­fol­ge­run­gen ziehen.

Die Ver­füg­bar­keit solch gro­ßer Daten­men­gen in Ver­bin­dung mit einer immer leis­tungs­fä­hi­ge­ren KI führt zu neu­en
geschäft­li­chen, tech­no­lo­gi­schen und sozia­len Inter­ak­tio­nen. Es wird sich nicht nur die Indus­trie ver­än­dern, son­dern die Gesell­schaft als Gan­zes. Das steht auch in der deut­schen Hoch­tech­no­lo­gie-Stra­te­gie, aber Japan hat sich einen viel bes­se­ren Begriff ein­fal­len las­sen, der beschreibt, was pas­sie­ren wird: Gesell­schaft 5.0.

Im April 2016 erließ die japa­ni­sche Regie­rung den 5. Wis­sen­schafts- und Tech­no­lo­gie-Grund­la­gen­plan. Er umfasst vie­le Aspek­te, dar­un­ter Inno­va­ti­ons­för­de­rung und Inter­na­tio­na­li­sie­rung. Ein Schwer­punkt ist jedoch die Ent­wick­lung der Gesell­schaft, hin zu einer Über Klu­gen Gesell­schaft, die Gesell­schaft 5.0.

Die zugrun­de­lie­gen­de Idee ist, dass die rasan­te Ent­wick­lung der Infor­ma­ti­ons­tech­no­lo­gie jetzt die Kom­bi­na­ti­on des kyber­ne­ti­schen Rau­mes, der Infor­ma­ti­on, mit dem phy­si­schen Raum, der ech­te Welt, ermög­licht. Die Kom­bi­na­ti­on aus bei­dem sind kyber­ne­tisch phy­si­ka­li­sche Sys­te­me (Cyber Phy­si­cal Sys­tems, CPS ), Objek­te der rea­le Welt mit Infor­ma­ti­on kom­bi­niert und ver­bes­sert. Dies wird vor­aus­sicht­lich zu einem gro­ßen Wan­del in der Gesell­schaft führen.

Evo­lu­ti­on of Socie­ties up to Socie­ty 5.0 (Source: Keid­an­ren)

Gesell­schaft 5.0 wird der fünf­te Schritt in der Evo­lu­ti­on der mensch­li­chen Gesell­schaft sein. Nach­dem ich Jäger (Jagd­ge­sell­schaft), lie­ßen sich Män­ner in der Land­wirt­schafts­ge­sell­schaft nie­der. In der Indus­trie Gesell­schaft, Mas­sen­pro­duk­ti­on lie­fer­te Pro­duk­te für alle. Aktu­ell sind wir in der Informationsgesellschaft.

Pre­mier­mi­nis­ter Shin­zo Abe stell­te die Über Klu­ge Gesell­schaft auf der Com­pu­ter­mes­se CeBIT im März 2017 in Han­no­ver vor, bei der Japan offi­zi­el­les Part­ner­land war.

Unterstützung für die schnell alternde Gesellschaft

Japan ist die am schnells­ten altern­de Gesell­schaft. Im Jahr 2050 wer­den schät­zungs­wei­se 40 Pro­zent der Bevöl­ke­rung
65 Jah­re und älter sein. Die Men­schen in Japan nen­nen es auch die über­al­tern­de Gesell­schaft. Her­aus­for­de­run­gen bestehen nicht nur dar­in genü­gend Pfle­ge, neue Medi­ka­men­te oder Assis­tenz­sys­te­me zu haben, um unab­hän­gig blei­ben. Mit mehr älte­ren Men­schen geht auch die Zahl der Erwerbs­tä­ti­gen zurück. Japan ist bereits berühmt für sei­ne Robo­ter­ent­wick­lun­gen, daher ist es kein Wun­der, dass die Lösung für die­se Her­aus­for­de­run­gen intel­li­gen­te Robo­tik sein wer­den. Da Assis­tenz­sys­te­me eine ver­län­ger­tes Leben in Selbst­stän­dig­keit ermög­li­chen und Robo­ter die Arbeit in der Alten­pfle­ge über­neh­men könn­ten. Und schließ­lich kann KI dabei hel­fen neue Medi­ka­men­te zu ent­wi­ckeln sowie älte­re Men­schen im All­tag unterstützen.

Schlussfolgerungen

Japan beweg­te sich mutig und nann­te die Zukunfts­ent­wick­lungs­ge­sell­schaft 5.0. Es impli­ziert, dass Ver­än­de­run­gen jeden Aspekt der Gesell­schaft betref­fen wer­den, nicht nur die indus­tri­el­le Pro­duk­ti­on. Deutsch­land beab­sich­tigt das­sel­be, aber die Ten­denz wur­de durch das Schlag­wort Indus­trie 4.0 verzerrt.

Auch Neu­ent­wick­lun­gen des Inter­nets der Din­ge, Gro­ße Daten­men­gen und KI hän­gen stark von einer Offen­heit zur Außen­welt ab. Wäh­rend eine Maschi­ne in der Ver­gan­gen­heit so ange­passt wer­den konn­te, dass sie in eine Fabrik in einem frem­den Land passt wird die Inter­ak­ti­on nun kom­ple­xer und muss in die jewei­li­ge Umge­bung ein­ge­bet­tet wer­den. Wenn Ihr Kühl­schrank künf­tig eigen­stän­dig fri­sches Bier direkt im Super­markt bestellt, muss er die loka­le “Com­pu­ter” Spra­che sprechen.

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